Medikamente gegen Schwitzen
Eine primäre Hyperhidrosis, also eine Fehlregulierung der Schweißdrüsen lässt sich nicht durch Medikamente heilen. Es gibt keine medikamentöse (med. orale systemische) Therapie, mit der sich das krankhafte Schwitzen heilen lässt, es sei denn, dieses hat eine primäre Ursache, beispielsweise durch eine Erkrankung der Schilddrüse oder ähnliches (sekundäre Hyperhidrosis). Die medikamentöse Therapie stellt deshalb lediglich eine Symptombekämpfung da, welche die Krankheit selbst nicht „abschalten“ kann, wohl aber den störenden Schweißfluss.
Der Wirkstoff Glycopyrroniumbromid als Creme
Glycopyrroniumbromid (GPB oder Glycopyrrolat) ist ein anticholinerger Wirkstoff und wird in der Rezeptur des Unternehmens Dr. August Wolff GmbH & Co. KG als Öl-in-Wasser-Creme mit 1-prozentigem Glycopyrroniumbromid seit 2022 als Arzneimittel Axhidrox® zum Auftragen angeboten. Das Unternehmen Dr. Wolff hatte einen entsprechenden Antrag auf Zulassung gegen primäre axilläre Hyperhidrose in der EU eingereicht dem seitens der Gremien auch stattgegeben wurde.
„Die Zulassung basiert auf einer Phase-III-Studie mit 518 Hyperhidrose-Patienten. Nach vierwöchiger täglicher Anwendung konnte die Schweißmenge unter Achseln reduziert und die Lebensqualität gegenüber einer Placebo-Creme signifikant gesteigert werden. Das Präparat sei gut lokal vertragen worden, mit milden bis moderaten Nebenwirkungen. In der Weiteranwendung konnten die Probanden eigenmächtig entscheiden, wie häufig sie die Deo-Creme anwendeten, also auch weniger als einmal täglich, aber mindestens zweimal die Woche.“, so die Pharmazeutische Zeitung.
Glycopyrroniumbromid ist als Parasympatholytika Bestandteil einer Gruppe von Substanzen, die die Funktion des Parasympathikus herabsetzen. Glycopyrroniumbromid löst eine Blockade des Parasympathikus-Nervs aus und wurde bislang vornehmlich in oralen Medikamenten eingesetzt und kann so einige Nebenwirkungen auslösen. Bei Anwendung als Creme müssen strikte Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden und die Freigabe des Medikaments erfolgte ausdrücklich nur für eine Anwendung unter den Achseln!
Zu den genannten Sicherheitsvorkehrungen zählt unter anderem die ausschließliche Applikation über die Kappe des Pumpbehälters mit anschließender Reinigung der Kappe sowie der Finger. Auch wird dazu geraten die frisch behandelte Achselhöhle beim Sex mit einer Textilie abzudecken, damit sich der Wirkstoff nicht unkontrolliert auf die Haut des Partners überträgt.
Der Parasympathikus auf den das Parasympatholytikum Axhidrox® einwirkt ist maßgeblich für den Schweißfluss zuständig und wird auch als Ruhenerv oder Erholungsnerv bezeichnet. Er hat somit eine fundamentale Bedeutung für das Wohlbefinden des Menschen.
Diese Creme ist verschreibungspflichtig und wird in Deutschland zu einem 100 mg Preis von rund 145 Euro angeboten.
Eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist möglich.
Fraglich bleibt nach unserer Sicht bislang der Vorteil dieser medizinischen Creme gegenüber einem leistungsstarken Antitranspirant mit ebenfalls dermaler und rein lokaler Anwendung? Die noch ausstehende Antwort auf diese Frage sollte man unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen und aufwendigen Vorsichtsmaßnahmen von Axhidrox® sehr genau betrachten.
Weblinks
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Axhidrox® Beipackzettel (PDF Bedienungsanleitung)
Details zu …
Axhidrox® https://www.pharmazeutische-zeitung.de
Glycopyrroniumbromid https://flexikon.doccheck.com
Entwicklung https://www.faz.net
Orale systemische Therapie mit Medikamenten
Anticholinergika: Methantheliniumbromid und Bornaprinhydrochlorid
Gegen das Schwitzen als Symptom gibt es verschiedene Präparate, mit denen sich das übermäßige Schwitzen reduzieren bzw. verhindert lässt. In schweren Fällen von generalisierter Hyperhidrose (Generelle Hyperhidrose als Gegenstück zu einer lokalisierten / lokalen Hyperhidrose) verschreiben Dermatologen in der Regel Anticholinergika wie Methantheliniumbromid (Vagantin®) oder Bornaprinhydrochlorid (Sormodren® *1 Werbung).
Beide Medikamente wurden ursprünglich als krampflösende Mittel (z.B. bei Morbus Parkinson) entwickelt. Ihre Wirkstoffe hemmen die Wirkung von Acetylcholin, einem Botenstoff der Nervenbahnen, der die ekkrinen und apokrinen Schweißdrüsen zur Produktion und Sekretion von Schweiß anregt.
Anticholinergikum Oxybutynin hydrochlorid – gegen Schweißbildung
Auch Oxybutynin hydrochlorid fällt in die Gattung der umstrittenen Anticholinergika. Oxybutynin hemmt die cholinerge Signalübertragung zur Schweißdrüse und damit die Schweissproduktion. Hier sind wie bei den oben genannten Präparaten Nebenwirkungen wie Sehstörungen, Mundtrockenheit, Verstopfung und Harnverhaltung möglich. Die Therapie hat deshalb immer unter Beobachtung eines Mediziners stattzufinden und sollte zumindest zu Anfang durch Blutentnahmen begleitet werden. Anwendungseinschränkungen und Arzneimittel-Wechselwirkungen müssen unbedingt beachtet werden!
Oxybutynin aber auch das weniger gut verträgliche Atropin können auch lokal angewandt werden, etwa bei einer Kombinationstherapie mit der Iontophorese.
Oxybutynin hydrochlorid – Hersteller & Marken
Oxybutynin hydrochlorid wird unter der Bezeichnung „Oxybutynin“ von verschiedenen Herstellern produziert und angeboten, Bekannte Hersteller sind HEXAL, STADA sowie ratiopharm. Weitere Markennamen sind bspw.
- Oxybutynin von diversen Anbietern *1
- Oxybugamma® *1
- Ditropan® (in Österreich auf Rezept erhältlichen)
- SPASYT®
- DRIDASE® *1
- KENTERA® von diversen Anbietern *1
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Nebenwirkungen von Anticholinergika
Anticholinergika reduzieren nicht nur die Schweißdrüsenfunktion, sondern unterdrücken auch Nervenreize, die andere Drüsen des Körpers (z.B. Speicheldrüsen, Tränendrüsen, Talgdrüsen etc.) stimulieren. Deshalb berichten Patienten oft von starker Mund-, Augen- und Hauttrockenheit. Auch Verstopfungen und Harnverhaltungen sind bekannte Nebenwirkungen.
Eine Vigilanzminderung („Verminderung der Wachheit“) ist geschätzt sogar bei einem Drittel aller beobachteten Patienten einer mir bekannten Ärztin zu beobachten. Die Patienten fühlen sich nach Einsatz der Anticholinergika oftmals „müde“ oder „wie betrunken“. Bei manchen Anwendern hilft es, auf eine Minimaldosis zu gehen (Tablette halbieren oder vierteln), manche vertragen nicht einmal das.
Obgleich Anticholinergika wegen dieser und weiterer möglicher Nebenwirkungen (siehe auch Atropin ff.) kontrovers diskutiert werden, ist ihre Wirksamkeit unumstritten und wissenschaftlich belegt.
Zukünftig mit Argusaugen zu beatrachten ist jedoch sicher die weitere Entwicklung der Studienlage im Bezug auf den Verdacht, dass die längerfristige Einnahme von Anticholinergika Demenz zu fördern scheint!
Updates zur Lieferfähigkeit Vagantin und Sormodren
Sormodren
Psychopharmaka gegen übermäßiges Schwitzen
Da das Schwitzen durch das vegetative Nervensystem gesteuert wird, können psychische Störungen bedeutenden Einfluss auf die Schweißproduktion haben. Nach eingehender ärztlicher Beurteilungen durch einen Psychiater kann in Einzelfällen das übermäßige Schwitzen durch Einnahme von Psychopharmaka gemindert werden.
Diese Präparate sollen Stress, nervöse Zustände und Ängste auflösen. Jedoch sollte immer abgewogen werden, ob die Gefahr einer Toleranzbildung (Suchtproblematik) sowie andere Nebenwirkungen nicht die Vorteile des „nicht-Schwitzens“ aufheben. Rezeptfreie Beruhigungsmittel (z.B. Baldrian) sind dagegen meistens zu schwach dosiert und ihre Wirkung zu diffus als dass sie bei Schwitzen empfohlen werden könnten.
Beta-Blocker und andere Medikamente zur Blutdrucksenkung
In einzelnen Patientenfällen konnte eine schweißmindernde Wirkung von Betablockern und anderen blutdrucksenkenden Medikamenten – wie Kalziumanalblocker oder Sympatholika (z.B. Clonidin® *1 Werbung) – beobachtet werden. Allerdings wurden diese Mittel den Patienten primär gegen Hypertonie (Bluthochdruck) verschrieben. Da es zur einer eventuellen Wirkung als „Schweißblocker“ keine medizinischen Studien gibt, sind diese Medikamente nicht zur Therapie von starkem Schwitzen oder Hyperhidrose zugelassen.
Dennoch kann ein Arzt die Präparate in Einzelfällen „zulassungsüberschreitend“ verschreiben, wobei aufgrund der zahlreichen Nebenwirkungen die gesamte Verfassung des Patientens berücksichtigt werden muss – allen voran der Blutdruck. Bei Hypotonie (niedriger Blutdruck) scheiden blutdrucksenkende Mittel selbstverständlich von vornherein aus.
Vorteile
- hohe Wirksamkeit: Studien haben belegt, dass Anticholinergika die Schweißproduktion deutlich hemmen.
- Wird vornehmlich gegen Schwitzen an große Flächen oder sogar am ganzen Körper eingesetzt, also an Hautflächen oder Regionen die auf Grund ihrer Größe lokal nicht gut therapiert werden können.
- Kostenübernahme durch Krankenkasse: Anticholinergika werden vom Arzt gegen Schwitzen verschrieben. Die Kosten übernehmen i.d.R. die gesetzlichen Krankenkassen (abzgl. Zuzahlung).
- einfache Handhabung: im Vergleich zu alternativen Therapiemöglichkeiten gestaltet sich die Einnahme von Tabletten extrem einfach. Arztbesuche, Nachsorge, Strombäder zu Hause u.v.a.m. sind dagegen zeitintensiv und aufwendig. Allerdings muss die Dosis der eingenommenen Präparate langsam gesteigert werden („Einschleichung“), so dass die angestrebte Wirkung erst nach einer individuellen „Anlaufzeit“ erreicht werden kann. Zum Absetzen der Medikamente wird ebenfalls ein „Ausschleichen“ empfohlen (langsame Reduzierung der Dosierung).
Nachteile
- Nebenwirkungen: Verdacht der Steigerung des Demenz-Risikos, Sehstörungen, starke Mund-, Augen- und Hauttrockenheit, Verstopfung, Harnverhaltung
- Unverträglichkeit: Anticholinergika dürfen gegen Schwitzen nicht in Verbindung mit bestimmten Medikamenten eingenommen werden. Auch bei bestimmten Erkrankungen, wie z.B. Engwinkelglaukom („Grüner Star“), Erkrankungen des Verdauungstraktes wie Einengungen, Verschlüsse oder Megacolon, akutes Lungenödem (“Wasser in der Lunge“) kommen sie nicht in Frage.
- Altersbeschränkung: Für Jugendliche (und Kinder) sind Anticholinergika ungeeignet.
- Nutzen/Risiko-Faktor: bei einigen Erkrankungen muss der Arzt sorgfältig abwägen, ob Nutzen oder Risiko größer sind, z.B. bei gutartiger Prostatavergrößerung, bei Erkrankungen mit der Gefahr von Herzrhythmusstörungen (Kammerflimmern, Kammerflattern) sowie während der Schwangerschaft und Stillzeit.
- eingeschränkte Fähigkeit zu schwitzen: Antihidrotika reduzieren das Schwitzen am gesamten Körper. Deshalb besteht bei extrem heißen Temperaturen und bei starker körperlicher Belastung grundsätzlich die Gefahr der Überhitzung.
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